17. Tag - Trollstiege und weiße Priester im
Romsdal
Heute steht die Trollstiege auf unserem Plan. Da es sich
um die Touristenattraktion schlechthin, in dieser Gegend handelt, wollen wir es
so zeitig wie möglich angehen, in der Hoffnung, dass es noch nicht zu voll ist.
Für den Fall, dass die Straßen so eng sind, wie die Serpentinenstraßen, die wie
bisher in Norwegen gefahren sind, freut man sich über jeden Bus der einem nicht
entgegen kommt.
In der Nacht hat es allerdings stak geregnet, so dass
Nebel in den Tälern hängt. Die lila und rosa blühenden Lupinen bringen bei
diesem Wetter einen netten Farbtupfer in die nebelgraue Tristesse. Die 37Km
Straße hinauf zur Trollstiege hat kaum angefangen als wir schon für den ersten
prächtige Wasserfall stoppen. In den letzten Tagen haben wir uns abgewöhnt, bei
jedem Rinnsal aus dem Berg anzuhalten aber die schönsten und Imposantesten
können wir dennoch nicht lassen.
Wenige Kilometer Weiter fahren wir an
einer scheinbaren Baustelle vorbei. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich
aber schon wieder um einen Wasserfall, der mit lautem Getöse unmittelbar an der
Strasse vorbei durch den Berg rauscht und sich bereits Löcher in den Felsen
gegraben hat. Die Baustelle ist nur dafür da um den Wasserfall zu einer
besonderen Touristenattraktion auszubauen. Man kann jetzt schon zum Teil um den
Wasserfall herumgehen, der an einigen Stellen die Wassermassen wie in einer
Waschmaschinentrommel zusammenwirbelt und die Gischt aufspritzen lässt. Eine
Richtung der Strömung ist schon nicht mehr erkennbar und diese Waschmaschine hat
ganz bestimmt keinen Schongang.
Die Straße steigt jetzt allmählich an und die Umgebung wir immer
trolliger. Bemooste Steine und verwitterte Bäume und immer wieder Wasserfälle
von allen Seiten. Die Landschaft ist tundraartig wie in Hardangervidda oder wie
auf den anderen Bergpässen, die wir in den letzten Tagen gefahren sind. Bisher
haben wir noch keine großartigen Serpentinen gesehen. Vielleicht 3-4 Serpentinen
und die Straße ist auch ausreichend breit für Gegenverkehr. Es ist jedoch kein
einziges Auto hinter uns, so dass wir bequem anhalten können, wenn wir ein Foto
haben möchten. Vor uns 2 spitze kegelförmige Bergkuppen, dann sind wir oben. Das
bedeutet, wir haben die Trollstiege von hinten her erklommen und müssen dann die
berühmte Serpentinenstraße nach unten fahren.
Zunächst wartet jedoch der
Aussichtspunkt auf uns. Hier auf dem Parkplatz auf dem Gipfel der Straße geht es
zu wie auf der Zeil. Hunderte Touristen und bestimmt 10 Reisebusse in den
Parkbuchten. Die Boat People müssen alle von der anderen Seite hier hoch
gekommen sein. Auf dem kurzen Weg zum Aussichtspunkt wird gedrängelt und
geschubst. Die vielen Souvenirläden sind völlig überfüllt aber keine Sorge an
der rechten Seite werden gerade die Fundamente für mindestens 30 neue Shops
gelegt und weitere Parkplätze.
Vorbei an den Souvenirläden fällt uns auch
ein Rentier auf, das ausgestopft vor einem Shop steht, das Geweih abgebrochen
sieht es nur noch traurig aus. Gleich daneben am Stand werden jede Menge Geweihe
verkauft sogar mit Toupet. Na bitte, warum nicht auch mal einem Rentier
beibringen, dass es zum Friseur gehen muss. Brrr Massentourismus vom Feinsten!
Wir schauen uns die Trollstiege auch von oben an von dem Punkt an, wo
sie wie ein Bandwurm an den Hang geschmiegt ist. Ein völliges Wirrwarr von
Straßen, so dass man erst einmal bemüht ist mit dem Finger nachzufahren ob es
wirklich nur eine Straße ist.
Die Straße ist eigentlich breit genug, so dass beinahe an jeder Stelle 2 PKW nebeneinander vorbei fahren können. Mit Bus und Wohnmobilen kann es an manchen Stellen eng werden aber das ist Nichts gegen den Aurlandsvegen und die anderen Straßen, die wir bisher hatten. Wir beobachten einen Bus, der auf dem Weg nach unten prinzipiell jede Kurve zu eng anfährt und deshalb immer wieder hin und zurück schunkeln muss. Eigentlich sind die Kurven so weit, dass ein Bus gut in einem Zug rum kommt. Entweder ist das ein Sonntagsfahrer oder dieser Busfahrer will bei seinen Passagieren ein Extra Trinkgeld raus schinden, weil er sie aus der lebensgefährlichen Situation gerettet hat. Wie auch immer, die Straße ist breit genug für den Massentourismus und wurde auch offenbar schon entschärft.
Es ist nur eine und es sieht
im Moment nach recht wenig Verkehr aus. Also stürzen wir uns in das Vergnügen
und kurven nach unten. Wunderschöne Wasserfälle - Trollfossen - begleiten den
Bandwurm auf seinen Weg nach unten. Da Keiner hinter uns fährt bleiben auch hier
genügend Gelegenheiten für Fotostops.
Nach der Trollstiege fahren wir zu dem nahe gelegenen Ort Andalsnes. Wir
machen einen kleinen Stadtbummel und eine Mittagspause. Hier in dem kleinen
Hafen liegt schon wieder ein riesiges Kreuzfahrtschiff vor Anker, die Costa
Atlantica. Aha - daher kommen also die Boatpeople auf der Trollstiege.
Leider regnet es schon wieder in Strömen und die Wetteraussichten sind in
den nächsten Tagen nur im Süden etwas besser. Deshalb beschließen wir, dass wir
heute und hier den höchsten Punkt unserer Rundreise erreicht haben:
Datum: 22.6.2007 / 12:36 Uhr
62. Breitengrad
E 007°41.434`
N 62°34.054`
Wir fahren weiter im strömenden Regen Richtung Süden
auf der E136 vorbei an dem imposanten Romsdalhornet einem tollen Bergmassiv,
dessen Spitze leider im Nebel liegt genau wie die Spitzen des Trollmassives,
welches wir an der rechten Seite haben. Alles wieder Berge, die von 0 auf 1500
bis 1700 Meter Höhe ansteigen. Eine wunderschöne Gegend und eine tolle Aussicht.
Schließlich fahren wir hier genau an 2 Nationalparks vorbei, dem Rondane und dem
Douvre Nationalpark.
Es sehr viele Naturattraktionen und viele schöne Wanderwege. Wer will aber bei Dauerregen wandern gehen? Wir beschränken uns also auf die Sehenswürdigkeiten die nahe der E136 liegen und für die wir nicht weit laufen müssen. Wunderschöne Wasserfälle säumen unseren Weg und wir werden immer wieder dazu verleitet anzuhalten und diese Naturschauspiele zu betrachten. Zum Beispiel der schöne wilde Sletafoss:
Natürlich
kommt man so kaum vorwärts. Ab Dombas fahren wir auf der E6 Richtung Otta
weiter. Erst gegen Abend treffen wir im Ort Selsverket an. Dieser Ort wurde vor
knapp 300 Jahren einmal vollständig von einer Lavine aus weißem Moränenschlamm
überrollt. Davon zeugt noch immer ein Rest des festen Moränenschlammes, der hier
zu einer natürlichen Attraktion ausgewaschen wurde. Die weißen Priester mit den
Steinhüten. Den norwegischen Namen Kvitskriuprestene können wir kaum
aussprechen.
Von der E6 nur ca. 5 Km entfernt fahren wir auf einer
Privatstraße. An einer Selbstbedienungsschranke entrichten wir den angezeigten
Obolus von 20 NOK pro Person in einem Umschlag und werfen diesen in den
bereitgestellten Briefkasten. Seit dem Gletscher wissen wir ja, wie das
funktioniert.
Auf dem Wanderparkplatz angekommen sind es ca. 10 Minuten zu Fuß bis zu den weißen Priestern. Diese 10 Minuten haben es allerdings in sich, da man den Berg beinahe senkrecht angehen muss. Wanderstiefel sind auch hier recht hilfreich. Zum Glück ist der Boden, trotz Nieselregen, nicht rutschelig.
Da wir nach dem Abstieg von der nervigen Regenfahrt und dem Tag recht gestresst und müde sind hören wir noch eine Zeitlang unser Hörbuch zu Ende - ein spannender Krimi von Andreas Franz, um dann zeitig Schlafen zu gehen.
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